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Sep
2004

A trip to New York - Ein Reisetagebuch: 08.02.2002

'Stress less in the new year'. Mit dem Angebot haben sie mich gekriegt, die New Yorker Sports Clubs. Nicht nur der Slogan hat gewirkt, vor allem das Sonderangebot. (Das ist das eigentlich Gefährliche an New York. Nicht irgendwelche Gangster, die U-Bahn oder dunkle Straßen, sondern Sonderangebote. Damit wird hier einem das Geld aus der Tasche gezogen, denn fast überall steht in riesigen Lettern: SALE. Außerdem gibt es überall Kauf-eins - bekomm-das-2.-gratis - Angebote, Attention, sag ich da nur!)

O.k., ich bin vorsichtig, aber hin und wieder lasse ich mich auch ködern, siehe oben. Irgendwie hatte ich doch mehr Angst vor dem Joggen im abendlich-dunklen Central Park als vor dem special offer.

Kurzum: Ich kann jetzt zu fast jeder Tages- und Nachtzeit joggen, und zwar in der 25. Etage, direkt am Empire State Building vorbei, einmal quer ums Haus, über die Mattenbahn auf dem Balkonvorsprung. Und wenn ich radel, steppe oder Gewichte drücke, schaue ich über die Stadt hinweg direkt auf Chrysler-Building. Allein für den Anblick bleibe ich 10 Minuten länger auf dem Laufband!

Gut am NYSC ist aber auch, man lernt echte Amerikaner kennen. So weiß ich mittlerweile, dass der Freund von Trainer Eric 6 bis 7 Jahre in Deutschland stationiert war und meine Sprache fließend spricht. Und das Nancys Freund ungarischer Jude ist, dessen Familie vor dem Holocaust nach Amerika floh. Sport verbindet!

Wie auch der Empire State Building Run-Up. Seit 25 Jahren laden die New Zork Road Runner (die auch den Marathon planen) dazu ein und verbinden so rund 150 Verrückte, die daran teilnehmen. Am Start sieht man lauter skurrile, interessante, wichtigtuerische und nette Leute, also typisch New York irgendwie. Feuerwehrmänner und Polizisten (die Heroes dürfen ja derzeit nirgends fehlen), ältere Damen im knappen Sportdress mit Strass-Besatz und kunstvoll geschminkt (als Journalistin darf man ja fast alles fragen: Ist ihr Gesicht echt?) Leute mit Flaggen auf dem Rücken, Sozialengagierte, die Geld sammeln wollen, Selbstbeweihräucherer, die es sich und allen beweisen wollen, Schwarze, Weiße, Junge, Alte, Menschen aus aller Welt - Spiegelbild der Stadt halt.

Und dann gibt es da noch so Verrückte, die "mal wissen wollen wie das so ist", 1575 Stufen und 86 Stockwerke hoch zu laufen. Da sie nicht geladen sind, melden sie sich beim Vorlauf für die Freiwilligen an. Manche sogar untrainiert!

Und während die Profis sich warm laufen und stretchen, befällt die naiven Laien langsam die Angst, und sie tun so, als ob sie sich dehnen würden. "Bist du schon mal hoch gelaufen? Ne, du?" Greg will es seiner Freundin beweisen, Sandy sich selbst - und ich hatte mal vor eine Reportage für den Aufbau zu schreiben, die aber aus Zeit- und Platzmangel jetzt nicht erscheint. Aber wo ich doch schon mal angemeldet war...

Auf die Plätze, Huuuuup... Am Eingang zum Treppenhaus geht das Gedrängel schon los, mehr als zwei Personen passen nicht durch den Türrahmen. Auf den Stufen sieht es nicht anders aus. Das ESB-Treppenhaus ist dreckig-grün gestrichen, aufgelockert durch hell-dreckig-grün. Der einzige Farbklecks ist alle 18/19 Stufen ein orangener Fire-Hose (Schlauch).

Da man als Journalist ja fast alles fragen darf, habe ich also zuvor die Profis um Tipps gebeten. Nicht die Stufen zählen, lieber Stockwerke subtrahieren, war so einer. Ich kann doch selbst im entspannten Zustand nicht rechnen! Locker bleiben, nicht aus dem Takt kommen, hieß der nächste. O.k., meine Beine schlottern locker, aber was für ein Takt? Dritter Rat: Sein eigenes Tempo finden. Ich suche stattdessen lieber den nächsten Ausgang. Meine Taktik ist schlichtweg, sich immer kräftig am Treppengeländer hoch ziehen, das stärkt zusätzlich die Armmuskulatur.
Bis in den 20. Stock wollte ich es schaffen, denn da sollte es Wasser geben. Gab es auch. Aber es gab dort auch zwei amerikanische Fernsehteams, die mich anspornten. Ich geb doch nicht vor laufender Kamera auf, dafür bin ich definitiv zu eitel!
Also durchhalten. O.k., neues Ziel: die Hälfte. Das muss doch zu schaffen sein, bis ins 43. Stockwerk. Ich komme an einem Wachmann und einem Reinigungsmann vorbei. "You will do it! Great!" Aufmunternde Worte treiben weiter an. Könnte ich rechnen, hätte ich bemerkt, dass ich im 43. Stock gar nicht aufhören kann. Nur alle sieben Stockwerke sind die Türen zu den Treppenhäusern offen. Also weiter bis zur 48, Stufe für Stufe, nicht schlapp machen, im schon geschwächten Dauerlauf-Schritt. Uaaah, scheiß Ehrgeiz!

Dabei höre ich die Erlösung hinter den dünnen Wänden. Ständig rauscht ein Aufzug hinter ihnen entlang. Hin und wieder klingelt einer, hier könnte ich einsteigen, ja wenn die Tür zum Treppenhaus offen wäre...

Dann endlich, knapp 14 Minuten nach dem Start, bin ich an meinem Ziel: vor dem Aufzug im 48. Stock. Atemlos mit wackligen Knieen. Und in nur 28 Sekunden bin ich wieder unten! Die Siegerin beim offiziellen Lauf brauchte bis ins 86. Stockwerk 12,46 Minuten, da war ich gerade mal bei der Hälfte. Aber sie ist in ihrer Freizeit auch Bergläuferin, ich bin Aufzugfahrerin!

Jetzt ziehe ich mir im Webster immer ganz stolz mein Teilnehmer-T-Shirt vom ESB-Treppenlauf an. Auf dem Weg zum achten Stock bekomme ich immer bewundernde Blicke zugeworfen, "wow" hör ich sie denken, wenn wir nebeneinander im Aufzug stehen... :-)
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