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Sep
2004

A trip to New York - Ein Reisetagebuch: 25.01.2002

Heute gibt es mal keine Erlebnisse aus der großen, großen Stadt, sondern aus dem kleinen Garment-Viertel, in dem ich lebe. Genauer gesagt: Ihr dürft ins tiefste Innerste meines Wohnheims blicken, und das solltet vor allem ihr Männer am Bildschirm zu schätzen wissen, denn das ist very, very secret, was da so in einem Frauenwohnheim - puh, allein der Titel - abgeht. Auf Englisch klingt das gleich viel schöner, da heißt das Haus schlichtweg: The Webster Apartments. Was es innen nicht besser macht!!!

Um rein zu kommen, in dieses schöne Haus aus dem Jahr 1922 muss man nicht nur weiblich, sondern vor allem berufstätig bzw. irgendwie beschäftigt sein. Schließlich soll da ja niemand tagsüber rumhängen. Aber irgendwie fand ich den Gedanken hier zu wohnen ja auch reizvoll. Schließlich habe ich vor 18/19 Jahren Unmengen an Internats-Romanen verschlungen. Und jetzt wohne ich fast schon vier Wochen zwischen lauter Hannis und Nannis oder Dollys - wie immer die so heißen. Die meisten sind zwischen 21 und 25 Jahren und ich gehöre hier schon zu den Alten
("Nein, ich habe mein Studium schon abgeschlossen. Ich bin Journalistin." - "Was, du arbeitest schon richtig? Abgefahren!")

Besonders interessant zu beobachten ist das deutsche Eck im Speisesaal. An einem großen Tisch drängeln sich morgens und abends lauter deutsche Girlies (davon gibt es hier reichlich) und tauschen den neuesten Tratsch ("also in der Bar habe ich den kennengelernt..."), aber hin und wieder auch interessante Infos ("da gibt es günstige Karten...") aus.
Gott sei Dank muss man da ja nicht immer sitzen und es gibt noch ganz, ganz viele andere in dem Haus, das immerhin auf den 13 Etagen für 350 Mädels Platz hat (Bitte in internationalem Geschnatter vorstellen: 350 Frauen!!).

Wirklich praktisch ist, dass Frau sich hier um nix kümmern muss - ok, die Wäsche und das sie pünktlich zur Arbeit kommt, aber Kochen, Spülen, Bett machen, Saugen - dafür gibt es Personal. Ich verlerne hier quasi alles!

Und wie in einem echten Hanni und Nanni-Buch gibt es natürlich auch in unserem Mädchenpensionat Hausdrachen. Sie gucken, dass in den Aufenthaltsräumen kein Alkohol getrunken wird und dass sich kein unerlaubter Besuch ins Haus schleicht. Frau Rodriguez und Co. sehen alles. Und Männer halten sie gleich in der Lobby auf. Keinen Schritt weiter! Zimmer besichtigen oder den Ausblick von der wunderschönen Dachterrasse dürfen diese seltenen Wesen nur unter Begleitung des Hauspersonals genießen. Ach ja, essen dürfen sie auch im Webster- wenn sie bezahlen!
Das sieht dann so aus, dass der arme Kerl von 349 Augenpaaren angestarrt wird und sich wie ein Außerirdischer vorkommt, der unter Beobachtung keinen Bissen herunter bekommt. Wahrscheinlich sind extra für solche raren Momente, wenn Männer anwesend sind (in der Küche arbeiten auch welche, aber die gelten scheinbar nicht) die Regeln gemacht, das Frau immer ordentlich bekleidet im Hause herumlaufen muss. Also wörtlich: Keine Schlafanzüge, keine Schluppen, keine Lockenwickler (???). Das klingt komisch, aber seit heute morgen weiß ich, warum:
Es gibt tatsächlich junge Amerikanerinnen, die sich morgens Wickler ins Haar drehen. Das muss ich ehrlich gesagt auch nicht zum Frühstück haben.

Aufs allein (oder zu zweit) frühstücken freue ich mich schon, ebenso wie darauf irgendwann mal wieder alleine Fernseh - oh ja, Nachrichten! - zu gucken. Hier funktioniert nur ein Sender, der praktischerweise nur Sitcoms zeigt (sitzen ja eh nur Mädels vorm Fernseher!) und einen Videoapparat. Habt Ihr schon mal Notting Hill geguckt, wenn im Laufe des Abends 14 andere Mädchen hinzu kommen, und sich schmachtend, schniefend und "kiss her" rufend hinter einen setzen. Aaaaaaah!

Aber nein, ich will mich nicht beklagen. Das sind alles sehr neue, sehr interessante und prägende Erlebnisse. Ich werde gut versorgt, esse regelmäßiger als manches mal zuhause, weil es auch eine sehr gute Salatbar jeden Abend gibt, ich habe hier auch sehr nette Mädels kennengelernt und habe ein kleines, aber feines (ok, nicht übertreiben, nettes) Zimmer.

Aber mal ablästern macht richtig Spaß. Außerdem weiß Frau viele Kleinigkeiten nachher viel besser zu schätzen. Und vielleicht schreibe ich ja irgendwann mal einen Roman: Hanni und Nanni in Amerika oder so.

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